01.03.2024
Über spezifische Wechselwirkungen mit einem Fluoreszenzmarker kann die LPS-Funktionalisierung der Polystyrol-Mikropartikel sichtbar gemacht werden.

Über spezifische Wechselwirkungen mit einem Fluoreszenzmarker kann die LPS-Funktionalisierung der Polystyrol-Mikropartikel sichtbar gemacht werden.

Quelle: BAM

Für zahlreiche industrielle Anwendungen ist die mikrobielle Besiedlung von metallischen Oberflächen ein grundlegendes Problem, das sicherheitstechnische Konsequenzen hat. In technischen Anlagen führt die Biofilmbildung in späteren Phasen zu mikrobiell-beeinflusster Korrosion (MIC) und dabei zu Leckagen in Rohrleitungen und zum Ausfall von Ventilen, Pumpen und Filtern. Die Biofilmbildung ist ein dynamischer Prozess, in dem die planktonischen Zellen sich zuerst an der Flüssigkeits-/Festkörper-Grenzfläche anheften und anschließend durch die Herstellung von extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) und Zellvermehrung die komplexe Biofilmmatrix bilden. Die Transition der Mikroorganismen vom planktonischen Zustand (einzelne Zellen) zu einem funktionierenden Biofilm hat ökonomische und ökologische Konsequenzen und muss in vielen Fällen auch aktiv bekämpft und vermieden werden.

Das Ziel dieses Projekts war die Entwicklung eines synthetischen Modellsystems, das das Anheftungsverhalten von Mikroorganismen imitieren kann. Die initiale Anheftung von Mikroorganismen auf Festkörperoberflächen wird durch chemische und elektrochemische Zell-Substrat-Wechselwirkungen gesteuert, an denen Lipopolysaccharide (LPS) und Zellanhänge (wie Pili und/oder Fimbrien) beteiligt sind. In diesem Projekt haben wir uns auf die LPS-gesteuerten reversiblen Prozesse fokussiert, da die molekulare Chemie von LPS besser charakterisiert und kontrolliert werden kann als die Zelladhäsine und -anhängsel.

Hierfür wurde handelsübliches LPS von Pseudomonas aeruginosa auf die Oberfläche von Polystyrol (PS)-Mikropartikeln mittels einer Quell-Anker-Methode (Swell-Capture-Prozess) gebunden. Die Chemie, die Morphologie und die Oberflächenladung der Partikel wurden charakterisiert. Die chemischen Analysen ergaben, dass ab einer LPS-Konzentration von ∼ 0,7 mg/ml ein sprunghafter Anstieg der nachgewiesenen LPS-spezifischen Spezies auf der PS-Partikeloberfläche auftritt, die auf eine bessere Organisation der Moleküle hindeutet. Zusammengefasst zeigen unsere Ergebnisse, dass die Bedeckung und Struktur des LPS-Films konzentrationsabhängig sind.

Das vorgestellte Verfahren kann leicht an LPS anderer Bakterienstämme angepasst werden, um einen synthetischen Modellbaukasten für Anheftungsstudien zu entwickeln. In Folgeprojekten wird die Stabilität und das Anheftungsverhalten von LPS-funktionalisierten Mikropartikeln auf unterschiedlichen Oberflächen bewertet, um sie als Referenzmaterialien und in Referenzverfahren weiterzuentwickeln.

Synthesis and characterization of lipopolysaccharide (LPS) anchored polystyrene microparticles as a synthetic model system for attachment studies
Jan David Schutter, Karl Eberhardt, Anna Maria Elert, Jörg Radnik, Daniel Geißler, Özlem Özcan Sandikcioglu
veröffentlicht in: Colloids and Surfaces B: Biointerfaces, 2023, Band 226, Aufsatznummer 113301, Seite 1 - 7.

BAM Abteilung Material und Umwelt